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Langfristiges Investieren
Fünf Fehler, die man bei einer Geldanlage vermeiden sollte
Greg Wendt
Aktienportfoliomanager
Lisa Thompson
Aktienportfoliomanagerin
Steve Watson
Aktienportfoliomanager
Justin Toner
Aktienportfoliomanager
Martin Jacobs
Aktienanalyst

Eine alte Weisheit im Investment-Geschäft lautet: Wenn du noch keine Pleite erlebt hast, bist du wahrscheinlich nicht risikofreudig genug.


Eine Pleite sollte natürlich nie auf die leichte Schulter genommen werden. Doch bei einer Geldanlage geht es darum, Risiken zu bewerten und Erträge zu erzielen. Dabei sind Fehler unvermeidbar.


„Es ist sehr schwer, den Markt auf Dauer zu schlagen“, sagt der Aktienportfoliomanager Greg Wendt, der seit 35 Jahren als professioneller Investor tätig ist. „Selbst die erfolgreichsten Portfoliomanager liegen nur in 55 % der Fälle richtig und in den restlichen 45 % falsch. Bei Capital Group haben wir eine Tradition, nämlich unsere Erfahrungen mit Kollegen zu teilen – um sie zu unterstützen, empathisch zu sein, und sie daran zu erinnern, dass sie, wenn sie konsequent weiterarbeiten, die Dinge auch wieder ins Lot kriegen.“


Für die Aktienportfoliomanagerin Lisa Thompson sind Fehler die Bausteine für künftigen Erfolg.


„Man lernt mehr aus Fehlern als aus Erfolgen“, sagt Thompson, die über 34 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche verfügt. „Wenn man eine Aktie kauft und sie von Beginn an gut funktioniert, fühlt sich das großartig an. Aber es kann auch nur daran liegen, dass man zur rechten Zeit aufs rechte Pferd gesetzt hat. Aber ich meine, dass ich gerade dann viel gelernt habe, wenn eine Idee nicht funktioniert hat oder es sehr lange gedauert hat, bis sie funktioniert.“


In diesem Sinne sprechen fünf erfahrene Portfoliomanager über ihre Fehler bei der Geldanlage und die daraus gelernten Lektionen.


1.   Vorsicht bei „Story Stocks“


Greg Wendt, Aktienportfoliomanager


Zu Beginn meiner Karriere habe ich in ein Kreuzfahrtunternehmen namens American Classic Voyages investiert, das eine eindrucksvolle Story vorweisen konnte. Die Wurzeln des Unternehmens lagen in der Delta Queen Steamboat Company, die beliebte Schiffstouren auf dem Mississippi River veranstaltete. Der Milliardär Sam Zell, der Vorsitzende des Unternehmens, sah eine Gelegenheit, die Kreuzfahrtindustrie aufzumischen. American Classic Voyages plante also, die exklusiven Kreuzfahrtrechte für die Inselgruppe Hawaii zu erwerben, und zwar durch ein protektionistisches US-amerikanisches Seerechtsgesetz.


Ich habe mir die touristische Dynamik in Bezug auf Hawaii und die Kreuzfahrtindustrie allgemein sehr genau angesehen und erkannt, dass es eine starke Nachfrage für Reisen dieser Art geben würde. Das Unternehmen brachte das gesamte erforderliche Kapital auf, stellte ein absolutes Traum-Managementteam ein und begann mit dem Bau des Kreuzfahrtschiffs auf einer Schiffswerft in Mississippi.


Nun war zu dieser Zeit seit mehr als 25 Jahren kein Kreuzfahrtschiff mehr auf US-amerikanischem Boden gebaut worden, die Werft verfügte jedoch über umfangreiche Erfahrung, was den Bau von Kriegsschiffen betraf. Was hätte also schiefgehen können?


Nun, es hat sich herausgestellt, dass es nicht so einfach ist, branchenspezifische Kompetenzen wiederzubeleben, nachdem diese erst einmal verlorengegangen sind. Die milliardenschwere Investition in den Bau des Schiffes schlug fehl. Deshalb und auch aus anderen Gründen ging das Unternehmen in Konkurs. Es wäre mir nie eingefallen, dass man in den USA nicht die für einen Bau eines Kreuzfahrtschiffs erforderliche Expertise finden könnte. Das unvollendete Schiff wurde am Ende nach Europa geschleppt, wo es schließlich fertiggestellt wurde. Unterdessen ging die Investitionsthese in Bausch und Bogen unter.


Die Lektion: Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Unternehmen seine Geschäftsstrategie umsetzen kann, ohne zu verstehen, wie das konkret gemacht wird.


2. Analyselähmung vermeiden


Lisa Thompson, Aktienportfoliomanagerin 


Geld anzulegen, ist eine Disziplin, die teilweise Wissenschaft, teilweise Kunst ist. Um hier Erfolg zu haben, muss man in der Lage sein, Daten zu sammeln und seine „Rechenaufgaben“ zu machen. Aber man muss auch Entscheidungen treffen, die auf dem Wissen basieren, das man sich durch Erfahrung angeeignet hat.


Ich bin von Natur aus ein antizyklischer Investor. Daher neige ich dazu, gegen den Strom zu schwimmen und mich für eine Anlage zu interessieren, wenn andere verkaufen. Der herausragende Superzyklus bei Rohstoffen Anfang der 2000er-Jahre, der von einem schnell wachsenden China angetrieben wurde, kam bis 2014 mehr oder weniger zum Erliegen. Nachdem der Preis für Eisenerz von $ 10 USD pro Tonne im Jahr 2003 auf etwa $ 170 USD im April 2009 stark gestiegen war, brach er bis Dezember 2014 auf unter $ 70 USD pro Tonne ein.


Auch Bergbauaktien fielen, da sie durch den Kursrückgang unter Druck gerieten. Vor diesem Hintergrund habe ich mit unserem Analysten zusammengearbeitet, der Bergbauaktien betreute, und ich habe ein Interesse am brasilianischen Eisenerzproduzenten Vale entwickelt. Inzwischen wissen erfahrene Anleger in zyklischen Unternehmen wie Vale, dass es sehr schwierig sein kann, die Talsohle eines Zyklus zu „erwischen“. Während dieser Zeit habe ich mich also regelmäßig mit dem Analysten getroffen und bin mit ihm die Zahlen durchgegangen. Unterdessen ist die Aktie weiter gefallen.


Bei Capital haben wir, was ich als Wettbewerbsvorteil sehe, nämlich, dass sich unsere Analysten oft Jahre oder sogar Jahrzehnte mit einer einzigen Branche beschäftigen. Durch sie haben wir Zugang zu einem ungeheuer detailreichen Wissen. Ich erinnere mich aber, dass ich den Bergbauanalysten irgendwann einmal traf und fragte: „Wir wissen jetzt so viel über dieses Unternehmen, werden mehr Informationen hier wirklich den Ausschlag geben?“


Ich kenne die diskontierten Cashflows, die Versicherungspämien, die Strafgelder und die globale Nachfrage. Was soll da ein Datenpunkt mehr noch helfen? Ich muss die beste Entscheidung treffen, die ich anhand der vorliegenden Informationen treffen kann. Und das können sehr harte Entscheidungen sein, aber das ist nun mal die Aufgabe eines Portfoliomanagers.


Die Lektion: Recherche ist das A und O. Manchmal aber sind noch mehr Informationen zu viel des Guten. Um erfolgreich investieren zu können, muss man wissen, wann es an der Zeit ist, auf Basis bereits vorhandener Informationen loszulegen.


3. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.


Steve Watson, Aktienportfoliomanager


Bei Capital legen wir großen Wert darauf, das Management zu kennen – uns mit dem Management zu treffen und regelmäßig mit ihm zu kommunizieren. Wenn wir Führungskräfte als Menschen verstehen, können wir ihre Geschäftsstrategie beurteilen und feststellen, ob sie die richtigen Personen sind, um sie auch umzusetzen. Das kann jedoch potenziell auch dazu führen, dass man sich scheut, zu sagen: „Ich frage mich, ob man mir hier gerade etwas vormacht.“ Nun sind die allermeisten Führungskräfte, mit denen wir es zu tun haben, ehrliche Menschen mit guten Absichten. Allerdings bedeutet das nicht, dass sie es immer ehrlich mit uns meinen – oder auch mit sich selbst.


Aber gelegentlich können auch versierte Anleger in einen Betrug verwickelt werden. Einige Jahre nachdem ich meine Tätigkeit in der Niederlassung von Capital in Hongkong aufgenommen hatte, beschloss ich, in Sino-Forest zu investieren, in ein chinesisches Unternehmen, das Waldflächen besaß und diese bewirtschaftete mit dem Ziel, sie schließlich an andere Anleger zu verkaufen.


Zwischen 2003 und 2011 stiegen die Aktien von Sino, die in Toronto notiert waren, um mehr als 500 %. Das war zurückzuführen auf Unternehmensberichte über ein starkes Gewinnwachstum. Es stellte sich heraus, dass das Unternehmen zahlreiche Transaktionen erfunden hatte, darunter etwa 450 im ersten Quartal 2009.


2011 wurde das Unternehmen von der Ontario Securities Commission überprüft. Der Handel mit den Aktien des Unternehmens wurde ausgesetzt, und bis 2012 hatte Sino Konkurs angemeldet. Letztendlich fand die Ontario Securities Commission heraus, dass bestimmte Führungskräfte des Unternehmens „an betrügerischem oder unehrlichem Verhalten in Bezug auf die vorhandenen Waldvermögenswerte von Sino-Forest und die Erträge beteiligt waren, und dass sie wussten, dass dies betrügerisches Handeln darstellte“.


Die Lektion: Prüfen Sie die Jahresabschlüsse und die Führungskräfte mit einer gesunden Portion Skepsis.


4. Hüten Sie sich vor Ihrem „Bestätigungsfehler“


Justin Toner, Aktienportfoliomanager


Am 4. September 2001 wurde ich von der Capital Group für den Bereich der Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie eingestellt – eine Woche vor den Terroranschlägen des 11. September. Mir wurde die Betreuung der Branchen zugewiesen, die sich direkt im Fadenkreuz dieser Katastrophe befanden. Zu den Unternehmen, die ich seit mehr als 20 Jahren betreute, gehörte der Flugzeughersteller Boeing, in den ich im Laufe der Jahre unterschiedliche Summen investiert habe.


Boeing hat seinen Anteil an Krisen überstanden – nicht nur die Angriffe vom 11. September – sondern gerade auch in jüngster Zeit, im Jahr 2019, die Abstürze des 737 Max-Flugzeugs aufgrund einer Fehlfunktion der Flugsteuerung und die Krise 2020 bedingt durch die COVID-Pandemie. Ich war ziemlich überrascht, wie schnell die Boeing-Aktie auf die Pandemie und den Lockdown der globalen Reisebranche reagierte. Rückblickend betrachtet, kann ich sagen, ich habe unterschätzt, wie schlimm die Dinge sich entwickeln würden.


Ich denke, man muss fairerweise aber sagen, dass sich wohl niemand vorstellen konnte, wie schlimm es tatsächlich kommen würde. Sicherlich kann man aber sagen, dass die Umstände sich rasch und unmittelbar im Zuge der anhaltenden Schwierigkeiten bei der 737 Max noch verschlechtert haben. Das war für mich als Analyst eine sehr schwierige Zeit. Außerdem hielt ich als Portfoliomanager die Aktien des Unternehmens in einigen Portfolios.


Nachdem ich fast 20 Jahre lang für die Branche zuständig war, würde man meinen, dass ich das Menetekel sehen und rasch und entschlossen darauf hätte reagieren können. Aber dieser Job ist sehr schwierig. Und genau wie alle Menschen können auch Anlageverwalter zum Opfer ihrer eigenen Emotionen und Vorurteile werden. Wir können uns den Bestätigungsfehler vorwerfen, die Tendenz, nach Informationen zu suchen, die unsere bereits vorhandenen Vorurteile bestätigen. Das war für mich eine enorme Lernerfahrung.


Die Lektion: Man muss seinen eigenen Standpunkt hinterfragen und bereit sein, rasch zu handeln, wenn die Umstände sich ändern.


5. Man muss wissen, wann man aussteigt


Martin Jacobs, Aktienportfoliomanager


Über lange Zeit erfolgreich Investitionen zu tätigen, ist unglaublich schwierig, wenngleich es unglaublich einfach erscheinen mag: Man muss ständig erstklassige Unternehmen identifizieren, deren Aktien im Laufe der Zeit überlegene Renditen erwirtschaften können.


Was ich aber in meiner beruflichen Laufbahn gelernt habe, ist, dass großartige Unternehmen straucheln können. Deshalb kann es genauso wichtig sein, sich diszipliniertes Verhalten anzueignen, was das Abstoßen von Papieren betrifft, und sich auch daran zu halten. Diese Fähigkeit wurde im Buch The Art of Execution: How the world’s best investors get it wrong and still make millions in the markets von Lee Freeman-Shor beschrieben.


Freeman-Shor, Dachfondsmanager, hat Daten von sieben Jahren auf Basis echter Anlageergebnisse von 45 der weltweit größten Investoren analysiert. Eine der interessantesten Beobachtungen dieser Studie war die Bedeutung von Gewichtung und Überzeugung.


Er hat nämlich festgestellt, dass es nicht darum geht, wie oft man richtig oder falsch liegt, sondern darum, wie viel Geld man verdient, wenn man richtig liegt, und wie viel man verliert, wenn man falsch liegt. Ich sehe in allen von mir verwalteten Portfolios, dass diese Gewichtungs- und Überzeugungsentscheidungen enorm wichtig sind.


Das Buch identifiziert fünf verschiedene „Stämme“ professioneller Anleger auf Basis ihres Verhaltens. Eine der Gruppen wurde als „Assassins“ (Killer) bezeichnet, da diese Personen rigorose Verkäufer waren. Sie haben sich sehr darauf konzentriert, ihre Verluste zu reduzieren, wenn eine Aktie nachgab. Zahlreiche Studien im Bereich der Verhaltenspsychologie haben gezeigt, dass es für Anleger emotional 10 Mal schwieriger ist, einen Verlust im realen Leben zu realisieren als auf Papier. Anders ausgedrückt: Wir alle neigen emotional dazu, eine Schadensbegrenzung zu umgehen und stattdessen weiterzumachen wie bisher.


Die Fähigkeit, eine Anlage abzustoßen, wenn sie nicht mehr funktioniert, kann also eine sehr wichtige Maßnahme für erfolgreiches Anlegen sein. Langfristige Anleger müssen lernen, bereit zu sein, umzuschwenken, wenn eine Anlagethese scheitert. Ich habe festgestellt, dass dies eine der schwierigsten Aufgaben für einen Portfoliomanager ist.


Die Lektion: Zu wissen, wann man eine Aktie verkaufen und nach vorne schauen muss, kann ebenso wichtig sein, wie zu wissen, wann man ein Papier kaufen sollte. 



Greg Wendt ist Aktienportfoliomanager mit 32 Jahren Erfahrung in der Branche. Als Investmentanalyst befasst er sich auch mit Casinos und Glücksspiel, Freizeiteinrichtungen, Restaurants, Merchandising und Small-Cap-Unternehmen in den USA. Er besitzt einen MBA-Abschluss von Harvard und einen Bachelor der University of Chicago.

Lisa Thompson ist eine Aktienportfoliomanagerin mit 30 Jahren Anlageerfahrung. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Mathematik der University of Pennsylvania und ist als CFA zugelassen.

Steve Watson ist Aktienportfoliomanager mit 33 Jahren Anlageerfahrung. Er hat einen MBA- und einen MA-Abschluss in Französisch von der New York University sowie einen Bachelor-Abschluss in Französisch von der University of Massachusetts.

Justin Toner ist Aktienportfoliomanager, der über 29 Jahre Anlageerfahrung verfügt (Stand: 31.12.22). Er hat einen MBA von der Columbia und einen Bachelor-Abschluss von der St. Lawrence University. Außerdem ist er zertifizierter Chartered Financial Analyst® sowie Mitglied der Los Angeles Society of Financial Analysts.

Martin Jacobs beschäftigt sich als Aktienanalyst der Capital Group mit US-amerikanischen Industrieunternehmen, Maschinenbauern und Elektrogeräteherstellern. Er erlangte den MBA-Abschluss an der Wharton School of Business sowie den Bachelor-Abschluss an der University of Southern California.


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